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Für die USA und ihre Verbündeten sind Wahlen nur dann gültig, wenn sie von ihnen selbst betrieben werden und das "richtige" Ergebnis erzielen. Für Syrien stellen sie einen wichtigen Schritt im Prozess der Modernisierung und politischen Umgestaltung dar, der im Sommer 2011 begann und trotz des Krieges weiter geführt wird.

Bye bye, Syria Al-Assad, 12.05.2014

Wahlkampf in Damaskus, 2007 Manch einer war überrascht über die Vielzahl der Bewerber, die als Kandidat oder Kandidatin an der Wahl zum syrischen Präsidenten teilnehmen wollten und von der Feststellung der 3 Kandidaten durch die Wahlkommission.

Und noch überraschter ist man, wenn man die Wahlplakate sieht und gar die Werbespots der drei Kandidaten im Fernsehen.

Der syrische Präsident steht für den Widerstand gegen die Angriffe der NATO, der Golfmonarchen und ihrer Dschihadisten und Hilfstruppen – nun erklärt das Amt der Präsidentschaft: "Wir stehen in gleicher Distanz zu allen Kandidaten..."

Über Jahrzehnte war der Name Assad untrennbar verbunden mit dem Amt des syrischen Staatspräsidenten. Er repräsentierte die "Nationale Einheit" und die langsame aber stetige Entwicklung des Landes. Und zugleich war er Repräsentant eines fein gesponnenen Netzwerks der syrischen Machtzentren.

Das Wichtige an dieser Wahl: Man kann heute für Syrien sein – und in der Wahl gegen Assad stimmen.
Fernsehspot - Wahlkampf 2014

Reformen...

Seit dem Sommer 2011 hatte die Regierung begonnen, ein Konzept von Reformen umzusetzen. Angefangen von wirtschaftlichen Entwicklungsprojekten und monetären Maßnahmen, um den negativen Auswirkungen der zuvor durchgeführten neoliberalen Wirtschaftsreformen entgegenzutreten über ein neues Parteiengesetz, Wahlrecht und Verfassung bis hin zur Stärkung und dem Ausbau von Verwaltungsgerichten.

Diese Reformen sollten eigentlich in einem "Nationalen Dialog" mit der Opposition diskutiert werden - der Dialog fand nie statt. Geblendet von der eigenen Propaganda erwartete ein großer Teil der politischen Opposition den "Sturz des Regimes" in Tagen, Wochen, Monaten und war sich nur darin einig, Gespräche und Verhandlungen mit der Regierung abzulehnen.

Das Ausland braucht diese Opposition nicht. Es schloss sie von den Verhandlungen in Genf aus und ignoriert sie heute erneut, wenn die Opposition im Ausland von den USA mit einem Botschafterposten aufgewertet wird.

Die syrische Regierung war sich darüber im Klaren, dass "Business as usual" nicht ausreichen würde, den Krieg zu gewinnen. Und ohne die höheren Weihen der Opposition zu erhalten oder abzuwarten setzte sie ihr Reformprogramm Schritt für Schritt um. Ein erster Meilenstein war die neue Verfassung.

Es gibt Grund genug, die Verfassung zu kritisieren. Zwar war der unselige Artikel 8, der der Baath-Partei in allen Fragen die letzte Entscheidung überließ, mit der Annahme der neuen Verfassung gefallen. Doch die starke Stellung des Präsidenten, die schwierigen Voraussetzungen für potentielle Kandidaten zur Präsidentschaftswahl – sie mussten 35 Unterstützer im Parlament finden – machten deutlich: das System lässt Veränderungen zu; und es verfügt zugleich über ein großes Beharrungsvermögen und versteht, seine Interessen zu wahren.

Wahlen...

Wahlkampf in Damaskus, 2014Viele Syrer haben andere Sorgen, als sich an Wahlen zu beteiligen, deren Ausgang gewiss ist; Viele können sich nicht an der Wahl beteiligen, weil sie in Flüchtlingslagern im Ausland leben oder in Gebieten, die von Dschihadisten besetzt sind. Möglicherweise sind Initiativen wichtiger, in denen Anhänger und Gegner der Regierung versuchen, der Zerstörung des Landes entgegen zu wirken. Vielleicht sind die Verhandlungen zwischen Regierung und Aufständischen wichtiger, in denen es zu einem Waffenstillstand und Verhandlungen kommt, wie zuletzt in der Vereinbarung über den Abzug der Aufständischen aus dem Zentrum von Homs.

Tatsächlich gehören diese Initiativen und die Wahlen zusammen und sind gemeinsam Teile eines Reformprojekts.

Beharrungsvermögen

Der Amtsinhaber tritt in dieser Wahl nicht gegen Gegner an, die sich auf starke Organisationen stützen können oder gar ein bekanntes politisches Programm. Dennoch hat mindestens einer der Kandidaten bei seiner Wahl ins Parlament 2012 breite Unterstützung gefunden und schon als unabhängiger Kandidat bei der Parlamentswahl 2007 Einspruch wegen Wahlbetrug erhoben. Das lässt darauf hoffen, dass die Kandidaten mehr als nur Zählkandidaten sind, um die Bedingungen der Verfassung zu erfüllen.

Die Regierung ist ihrer Unterstützung sicher. Die Einladung an internationale Wahlbeobachter (aus Russland, China, Indien, Süd Afrika, Brasilien, Cuba, Nicaragua, Bolivien, Ecuador, Armenien) wie die Wahl überhaupt mit einer Vielzahl von Bewerbern und mehreren Kandidaten zeigt ihr gestiegenes Selbstbewusstsein.

Der Prozess politischer Veränderungen in Syrien ist langsam, stetig – und kontrolliert. In der Diskussion um das neue Parteiengesetz z.B. beschrieb ein Teilnehmer die zu bildenden Parteien als "moderne Parteien", wie sie im Westen gang und gäbe sind: Ideologiefrei, keinen partikularen Interessen verpflichtet und an der Staatsräson ausgerichtet.

Das Präsidialsystem und "moderne" Parteien sorgen für ein sehr konservatives und beharrendes Moment, für langsame und kontrollierte Veränderungen. Machtstrukturen werden angepasst und modernisiert. Eine Regierung die lange Zeit eine erfolgreiche Politik der Stabilität in einer instabilen Region betrieben hatte, "packt nicht einfach ein" und löst sich auf, wie es die Angreifer am liebsten sähen. Zum Glück, muss man sagen, wenn man die Spur der Verwüstung betrachtet, die die Kriege der USA von Afghanistan bis Libyen hinterlassen haben.

Fazit

Die Kritik von Oppositionellen, die Wahl des Präsidenten ändere nichts an der Situation und sei deshalb belanglos; oder unangemessen, weil Syrien sich im Krieg befindet, wie es kürzlich ein Vertreter der Partei "Volkswille" in einem Interview beschrieben hat , ist nicht überzeugend. Nach dieser Logik wäre es das Beste, das Kriegsrecht wieder einzuführen.

Die Zerstörung ganzer Länder ist mit NATO-Luftwaffe und Petro-Dollar leicht zu erreichen. Der Wiederaufbau Syriens wird nur erfolgen können, wenn die politischen und staatlichen Strukturen gestärkt werden, wenn sie transparenter werden und modernisiert.

Waffenstillstandabkommen, Zusammenarbeit zwischen Gegnern und Unterstützern der Regierung und die Selbstverständlichkeit, dass es unterschiedliche Bewerber für das Amt des Präsidenten geben kann und dass es möglich ist, getroffene Entscheidungen anzufechten, sind wichtige Schritte.

Es sind Schritte in einem Reformprozess, der länger dauern wird als nur einen Wahlkampf lang.

Wahl des syrischen Präsidenten: 03.Juni 2014



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