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Abgründe, 03.05.2012

Kinderbilder in Damaskus, April 2012Gleich am ersten Abend in Damaskus hatten wir eine Verabredung in einem Cafe mit einem jungen Mann aus Homs. Er war im März 2011 in Daraa stationiert ("Die Armee hatte keinen Schießbefehl; es gab aber bewaffnete Angriffe, gegen die sie sich verteidigte", wie er sagte). Später von der Armee entlassen erlebte er in seiner Heimatstadt, wie ein Freund brutal ermordet wurde.

Davon hatte die Familie, die ich schon erwähnt hatte, bereits im Juli 2011 berichtet. Verwandte in Homs wurden ermordet. Sie wussten von Fällen, wo Alawiten entführt, abgeschlachtet und zerstückelt wieder zu hause abgeliefert wurden. Ich muss das so krass ausdrücken, weil zu der Zeit (im Juli 2011) die Medien noch immer voll waren von Berichten über die Freiheitskämpfer in Homs. Dieses Geschehen fand erst Monate später Eingang in die deutsche Presse (wurde aber dann als übertrieben oder unglaubwürdig abgetan).

Der eine oder andere mag einwenden: das kam nur, weil zuvor Alawiten Sunniten ermordet hatten. Vielleicht ist es sogar so. Das trägt aber nicht zu meiner Beruhigung bei.

Tatsächlich gab es im Sommer 2011 Berichte in den syrischen Medien über Auseinandersetzungen zwischen Sunniten und Alawiten in Homs - bei einer Gelegenheit mit ca. 20 Toten. Der Gouverneur von Homs hatte zu der Zeit erklärt, die Regierung werde alles tun um eine Eskalation dieser Vorgänge zu verhindern. Die Armee wurde stationiert, um weitere Auseinandersetzungen zwischen Sunniten und Alawiten zu verhindern. Unsere Medien nannten das einen "Krieg gegen friedliche Demonstranten".

Nach der Ermordung seines Freundes war die Konsequenz des jungen Mannes nicht, nun seinerseits einer Miliz beizutreten. Er meldete sich erneut zum Dienst in der Armee, die immer noch, wenn auch in unterschiedlichen Funktionen, Menschen aus allen Religionen umfasst.

Heute gibt es in vielen Fällen tiefe Gräben zwischen den Religionen. Ich habe erlebt, wie immer wieder abgeschätzt wird: welcher Gruppe gehörst du an? Bist du Sunnit, Alawit, Christ...? Die 'geheimen' Erkennungszeichen der verschiedenen Gruppen. Der Blick über die Schulter: Wer hört zu? Dieser Blick galt nicht den Aufpassern des Systems, sondern der religiösen Zugehörigkeit. Nicht alle sehen es so negativ und wer die studentische Jugend in den Straßen um die Universität erlebt hat kann sich sektiererische Gewalt in diesem Milieu nicht vorstellen.

Aber wer jetzt vom Bürgerkrieg in Syrien spricht, ignoriert den ausländischen Einfluss, die ausländischen Kämpfer und vor allem, welches Potential für einen voll entbrannten Bürgerkrieg, oder vielmehr ethnische und religiöse Verfolgungen und Kämpfe in Syrien existiert. Das Massaker in Al-Houla bietet davon einen Vorgeschmack.



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In einer kurzen Broschüre (hier als pdf und hier als epub) stellen wir die wichtigsten Entwicklungen und Wendepunkte im Krieg gegen Syrien bis 2014 dar. Und hier im Überblick als Poster

Ein Video , das die Situation aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Eine Diskussion, die auf jeden Fall ausgeweitet werden sollte.

Video:Hände weg von Syrien: Demonstration in Frankfurt, 01.09.2012

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Eine Schweizerin besucht Freunde in Syrien. Sie war dort für 3 Wochen im Oktober 2011 reiste durch das Land und berichtet über ihre Erfahrungen.


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