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Aleppo und die libysche Art der Befreiung, 26.08.2012

Burg von Aleppo Kürzlich erschien ein interessantes Stück in der New York Times: Zwei Journalisten begleiten eine Gruppe der "Freien Syrischen Armee" in ihrem Kampf gegen die Regierung.

Der Artikel 1) beschreibt – unter anderem – den Versuch einer Gruppe von Aufständischen, einen Kontrollposten am Stadtrand von Aleppo anzugreifen.

Die Situation in Syrien ist furchtbar, Menschen sterben, werden umgebracht, abgeschlachtet. Und die NYTimes schafft es, einen folkloristischen Ton zu erzeugen, so z.B. wenn der Chef der Rebellentruppe seinen Vater trifft, der eben aus der Haft entlassen wurde. Oder wenn die kartenspielenden Soldaten Assads dargestellt werden. Oder wenn ein Gefangener – aus den Truppen Assads und bei seiner Festnahme misshandelt – vom Anführer der Rebellengruppe zuvorkommend behandelt wird.

"Mr. Yasin (Der Anführer) stand im Gang und bat den Gefangenen, sich zu entspannen. 'Willst du duschen?', fragte er. 'Nein danke', sagte Abu Hilal. '...Aber du würdest besser schlafen.'"
Die Kämpfer versorgten Abu Hilal mit Brot und Marmelade, Zigaretten und sagten, sie würden einen Ausweis für ihn finden, so dass er weiter kommen würde, nachdem sie ihn freigelassen hätten.“

Tatsächlich wollten sie ihn reinlegen. Er sollte einen Lastwagen, der - ohne dass er es wusste - mit Sprengstoff beladen war vor den Kontrollposten fahren, den die Rebellen angreifen wollten. Danach würden sie die Bombe aus der Ferne zünden.

Erfolglos...

"Nach Sonnenaufgang kehrten die Kämpfer von ihrem Angriff zurück – enttäuscht. 'Wir haben versagt', sagte der Anführer. Alles schien perfekt für den Angriff. Die meisten Soldaten schliefen, einige spielten Karten. Die Angreifer nahmen ihre Posten ein und sagten Abu Hilal, dem unwissentlichen Selbstmord(?)attentäter, er solle losfahren – was er überglücklich tat.
Als er mit dem LKW beim Kontrollposten ankam, betätigte Mr. Yasin den Fernzünder – und nichts geschah. Erneut – und wieder nichts. 'Sie haben wohl einen Störsender eingesetzt', vermutete Yasin"

Alle blieben am Leben - die Aufständischen, die Soldaten und der Selbstmordattentäter wider Willen...

Der Checkpoint wurde nicht zerstört, so müssen die Aufständischen auf Umwegen in die Stadt fahren. In Aleppo suchen sie sich ihren Weg, bis sie einen Gebäudekomplex finden, der unter ihrer Kontrolle ist.

*.*.*.*

Operation Vulkan: Das Sicherheitskabinett der syrischen Regierung – in die Luft gesprengt. Die Hauptstadt Damaskus: von Aufständischen angegriffen. Aleppo, die vielleicht wichtigste Stadt Syriens: von Aufständischen angegriffen, die bis zur Zitadelle vordringen. Burg von Aleppo, April 2012. Syrische Fahne umgiebt die Burg Die FSA ruft die die "endgültige Schlacht um Damaskus" aus und kündigt die "Befreiung" der Hauptstadt an.

Jetzt ist doch die Zeit, dass endlich das Volk, das seit anderthalb Jahren ein Ende des Assad-Regimes herbeisehnt – wie es immer wieder heisst -, auf die Straße geht, den Aufständischen zujubelt und Assad verjagt! Nichts dergleichen geschieht.

Und kein Wort darüber, dass niemand die "Befreier" begrüßt in der NYTimes. Das "syrische Volk" interessiert dort schon lange nicht mehr.

*.*.*.*

Auf Seiten der syrischen Armee berichtet Robert Fisk im Independent – sehr kritisch und wenig beeindruckt von den offiziellen Stellungnahmen - von denselben Kämpfen in Aleppo. Er berichtet von ausländischen Kämpfern, die offenbar die syrischen Aufständischen unterstützen und von ausländischen Waffen. Das ist nichts neues, brüsten sich doch die Golfstaaten und die Türkei schon lange damit, die Aufständischen zu unterstützen.

"Scharfschützen schießen von den Hausddächern und verschwinden, bevor die Armee kommt... Wenigstens ein Dutzend Zivilisten kommen aus ihren Häusern und begrüßen die syrischen Truppen... So viele Bürger von Aleppo sprachen mit mir – außerhalb der Hörweite von Soldaten – über bewaffnete Ausländer, die zusammen mit Syrern aus den Dörfern gegen die Regierung kämpfen, dass tatsächlich eine beträchtliche Anzahl von ihnen bei den Kämpfern sein muss.
In weiten Teilen führt die Stadt ihren Alltag weiter – unter gelegentlichem Mörserbeschuss. Zehntausende mussten vor den Kämpfen in Notunterkünfte fliehen."

*.*.*.*

Abstimmung

Die Berichte von R. Fisk und der NYTimes könnten nicht unterschiedlicher sein. Und eines wird dadurch überdeutlich: Von einem libyschen Vulkan wollten sich die Einwohner von Aleppo, Damaskus und Syrien nicht befreien lassen.

Nein, es geht hier nicht um eine Revolution – es ist ein rein militärischer Angriff. Die Bevölkerung – flieht. Ins Ausland, nach Damaskus ins Hotel, wer es sich leisten kann. Zu Freunden, Verwandten oder, wenn alles nicht hilft, in die Notunterkünfte, die die Regierung bereitstellt.

Auch das ist eine Art Abstimmung: Diese libysche Art der Befreiung will niemand: nur die NATO.

Anmerkungen:
1) http://www.nytimes.com/2012/08/21/world/middleeast/syrian-rebels-coalesce-into-a-fighting-force.html





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