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Der altertümliche Charme von Damaskus

05.Mai 2011

Charme Syriens Niemand, der längere Zeit in Damaskus lebt, kann sich der Schönheit des Landes und dem Charme der Stadt entziehen. Die Menschen sind gelassen, die Stadt ist nicht zu groß und nicht zu klein, es gibt Kultur und Schönheit, Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft, Märkte, Supermärkte, Cham City. Es gibt Cafes jeder Art, eine Altstadt, in der man sich verlieren kann, aus der man aber immer wieder rechtzeitig herausfindet, und ein modernes Einkaufsviertel. Damaskus leuchtet und blinkt nicht wie Kairo, aber mit dem Djebel Quassioun und dem Ring bunter Ausflugslokale hat es ein Wahrzeichen, das man nicht vergisst. Der Fluss, die Barada – ach, vergiss die Barada.

Der Souk von Damaskus, der Souk Hamidiye, ist weltberühmt. Mit der Burg hat Damaskus ein Gelände für Open Air Festival, auf dem im Sommer die interessantesten Veranstaltungen stattfinden. Und welche Hauptstadt der Welt ausser Damaskus ist berühmt für – ihre Süssigkeiten.

Der Charme von Damaskus ist eigentlich nur ein Spiegel des Landes. Nie wurde mir ein fliegender Teppich deutlicher gezeigt als 2007 in Syrien, als wir - zwei ausländische Besucher – zuerst mit einem Produzenten antiker Münzen fachsimpelten, dann in Bosra Schiffbruch erlitten und über Daraa – ja, genau dieses Daraa – mit dem fliegenden Teppich der syrischen Gastfreundschaft nach Damaskus gebracht wurden.

Dieser Charme ist ein wenig altertümlich. Der Staat ist modern, aber nicht globalisiert. Es gibt keinen McDonalds, stattdesen unzählige kleine Stände, an denen man Saft und Sandwich kaufen kann. Billige Waren werden aus China importiert, aber der Autolärm übertönt nicht die Gebetsrufe. Wenn doch einmal – und unerwartet - die Elektrizität ausfällt und man hat das Glück und sitzt am Abend auf der Dachterasse des Restaurants Alf Leila Wa Leil neben der Omajadenmoschee, kann man zusehen, wie die Köche im Schein von Taschenlampen und Kerzen weiterarbeiten.

Natürlich: als Ausländer sind wir doppelt und dreifach priviligiert: gemessen an syrischen Verhältnissen wohlhabend oder reich, als Ausländer vor den Nachstellungen der Polizei sicher und als Gast sowieso willkommen. Bekommt man also überhaupt etwas mit von der Realität des Landes oder lebt man in einem Elfenbeinturm, isoliert von der Realität?

Ein Polizeistaat? Gewiss. Aber mit Internet, Kabelfernsehen, problemlosen Kontakten und Freundschaften zwischen Ausländern und Syrern.

Ob es die Wohnsituation ist, in einer WG in der Altstadt, Kunst und Kultur oder das Treffen mit Studenten in der Uni oder mit Freunden in einem Cafe: der Kontakt mit Syrern ist einfach und offen, manche sind nett, manche sind nur aufs Geschäft aus und ja: bei manchen Fragen hält man sich zurück und fällt nicht gleich mit der Tür ins Haus, aus Rücksicht auf Spitzel, die vielleicht anwesend sind, aber auch aus eigener Unsicherheit, Unkenntnis.

Hört man dann die Nachrichten, bricht einem das Herz.

Jeden Tag mehr Tote, in Daraa, Homs, Aleppo, Lathakia (meine Lehrin kam von dort) – ist das das wahre Syrien unter Assad?

Mark Twain hat über die "Gerade Straße" in Damaskus geschrieben: “The street called Straight is straighter than a corkscrew, but not as straight as a rainbow." Die Gerade Straße ist nicht wirklich "gerade" und auch der Weg Syriens ist nicht gerade.

Die arabische Gesellschaft ist nicht mehr dieselbe wie vor 40 Jahren und die alten Herrschaftssytem funktionieren nicht mehr. Heute demonstrieren in Syrien nicht nur junge Internetaktivisten, die endlich Freiheit für Syrien suchen. Es geht auch um mehr Einfluss für die Religion, um Rechte von Minderheiten (Kurden) und um die Versorgung mit Wasser. Und es geht hier auch um regionale und vielleicht globale Machtinteressen.

Die Zeit, in der Syrien im Zentrum des Nahen Ostens und seiner Probleme, aber doch fast vergessen wie hinter den Sieben Bergen lebte, ist vorbei. Und vorbei ist vielleicht auch der etwas altertümliche Charme von Damaskus.

Hoffen wir, dass er ersetzt wird durch einen Übergang in eine offenere, vielfältige Gesellschaft.



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