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Reisebericht von Fehim Tastekin, 26.10.2015

Dieser Bericht enthält die Eindrücke von Fehim Tastekin, der Anfang August im Anschluss an eine internationale Konferenz mehrere Städte in Syrien bereiste. Das Thema der Konferenz, an der er auf Einladung des syrischen Informationsministeriums teilnahm, war: "Takfiristischer Terrorismus".

Fehim Tastekin ist bei der Zeitung "Radikal" als Journalist und Kolumnist tätig, die zu der Mediengruppe (Dogan Media Group) des Geschäftsmannes Aydin Dogan gehört, der eher kemalistisch orientiert ist. Er ist seit langem als ein kenntnisreicher und entschiedener Kritiker der Außenpolitik, aber auch der Innen- und Gesellschaftspolitik von AKP und von R. T. Erdogan bekannt.

Die Zeitung Radikal selbst wird allgemein als links-liberal bezeichnet. Sie erscheint aber seit ca. einem Jahr nur noch als Internetzeitung, in der viele Intellektuelle Schriftsteller der Türkei schreiben. Zu der Gruppe "Dogan Media Group" gehört auch die Zeitung Hürriyet, die als Massenblatt gleichzeitig einen gewissen Anspruch auf Seriosität erhebt.

Dieser Reisebericht erschien in fünf Teilen Anfang August in beiden Zeitungen und gibt ein weitgehend realitätsnahes und differenziertes Bild von den Geschehnissen und dem gesellschaftlichen Zustand in Syrien wieder.

Übersetzung und Veröffentlichung erfolgten mt freundlicher Genehmigung des Autors.
Übersetzung und Einleitung: Sait Diyap
Alle Rechte verbleiben bei Fehim Tastekin.

Damaskus

...Trotz dieser Leiden, geht das Leben weiter, die Menschen hängen noch entschlossener am Leben. Jeden Abend gab es in dem Hotel, wo ich untergebracht war, eine Hochzeitsfeier. Auf der Terrasse hat die (libanesisch-christliche) Sängerin Majda El Roumi ein Konzert gegeben...

...Nach Sonnenuntergang hatten sich die Straßen belebt. Den letzten Spaziergang des Abends habe ich durch Schaalan gemacht. Die Strassen waren lebendig, die Geschäfte voll. Die Stille der Damaszener Nächte wurde in der vierten Nacht meines Aufenthalts gestört. Gegen morgen wurde ich wegen des Bombardements von Jobar um den Schlaf gebracht. Die Oppositionellen haben ein paar Raketen auf den Bezirk Dahiyat Al Assad abgeschossen...
Zum Teil 1 - Damaskus

Aleppo

Ohne in das das Zentrum von Homs zu fahren, sind wir durch die Olivenhaine im Flachland östlich von Homs weiter gefahren. Bald wurde die Gegend sehr wüstenhaft. Vor der Abzweigung nach Rakka haben wir in Akrabiyyat eine Rast eingelegt. Es war voll mit Menschen, die aus Rakka kommen: Männer mit langen weißen Gewändern und Schwarz verhüllte Frauen. Die Einwohner von Rakka waren früher nicht so konservativ. Es schien so, dass sie auch außerhalb von Rakka die Regeln von ISIS befolgten. Aus Angst vor möglichen Repressalien hatte keiner von sich Fotos machen lassen...

In der Nähe von Salamiya gaben wir einem Soldaten Wasser, der uns darum gebeten hatte. Er war zum Schutz der Straßenbauarbeiter abgestellt worden. Der Fahrer neckte ihn, ob er auch ein Sandwich haben möchte. Mir fiel auf, dass der Umgang zwischen den Zivilisten und Soldaten in diesem Gebiet sehr freundschaftlich war...

Die vielen zerstörten Gebäuden auf der Route zwischen Homs und Aleppo zeigen, dass die Armee einen erbitterten Kampf führt, um die Verbindung nach Aleppo aufrecht zu erhalten.
Zum Teil 2 - Aleppo

Aleppo 2

Während der Fahrt, die uns in großem Bogen vom Süden der Stadt durch Olivenhaine nach Nordwesten führte, haben wir am Rande des palästinensischen Flüchtlingslagers Nairab an einem Bürgersteig-Buffet, einer Bretter-Theke auf dem Bürgersteig, eine Rast eingelegt. Wir erfuhren dabei, dass der Krieg überall ein Drama hinterlassen hat. Der Besitzer der Bude, Muhammad Sabri, hat die Fotos der im Krieg gestorbenen Palästinenser an die Wand gehängt. Ganz oben hing das Foto seines Sohnes Khaled, der von den Oppositionellen in Nairab getötet worden war. Wir erfuhren, dass Sabri mit dem palästinensischen Dichter Khaled Abu Khaled, der in Damaskus lebt, verwandt ist. In dieser Gegend wird die Sicherheit der Straße durch die palästinensischen Kräfte gewährleistet...

"Die heute inaktiven Betriebe (im Industriegebiet) wurden während der Besetzung durch Oppsitionelle demontiert und die Produktionsmittel in die Türkei transportiert. Wer sie gestohlen hat, wissen wir nicht, aber die Türkei ist dafür verantwortlich. Die Mitglieder der Industrie- und Handelskammer von Aleppo haben die Angelegenheit vor Internationale Gerichte gebracht..."
Zum Teil 3 - Aleppo 2

Homs

Homs ist eine Stadt, in der Sunniten, Alawiten, Schiiten und Christen eng zusammenleben. Durch gezielte Morde mit konfessioneller Färbung wurden am Anfang doch Feindseligkeiten entfacht. Aber die Menschen fangen jetzt langsam an, sich wieder ins Gesicht zu blicken. Für Außenstehende ist es mitunter erstaunlich, aber man hört hier Christen "inschallah, elhamdulillah, bismillah und Salamun aleykum" sagen. Auch von Moslems kann man christliche Redewendungen hören. Das einzig trennende ist, dass der eine zur Moschee und der andere in die Kirche geht, wenn sie der Ruf des Muezzins oder das Glockengeläut beim gemeinsamen Trick-Track-Spiel erreicht...

Meinen ersten Halt auf dem Weg zum Khalidiya-Viertel machte ich vor einer riesigen Plakatwand, an der die Fotos von 1.300 der insgesamt 18.000 Soldaten aus Homs hängen, die in diesem Krieg bisher gefallen sind. Nach Arman kommt das Schiitenviertel Zahra. An einer Wand ist ein Foto von einem Arzt, der eine Waffe trägt, zu sehen. Er war freiwillig in die Armee eingetreten und ist gefallen.
Zum Teil 4 - Homs

Küstenregion

...Danach habe ich einen Geschäftsfreund aus Hama angerufen, mit dem ich seit 7 Jahren zusammen gearbeitet hatte und ihm erzählt was gerade passiert war. Ich rechnete damit, dass er mir den Rücken stärkt, aber er sagte: ‚Die Ära der Alawiten ist nun vorbei, wir werden diesen Krieg innerhalb eines Monats gewinnen, eure Frauen und eure Töchter eingeschlossen, werden wir euch alles wegnehmen.‘ Ich war zutiefst erschüttert. Er war nun mein Feind. Ich konnte nicht mehr abwarten, bis sie hierher kommen, und so bin ich in den Krieg gezogen...

Wir kämpfen für ganz Syrien. Als die Ereignisse begannen, sind einige Sunniten von hier geflüchtet. Die Angst war gegenseitig. Es gab auch Alawiten, die von anderen Orten hierher zurück kamen. Aber die Angst ist nicht mehr da, die Leute gehen wieder in ihre Häuser zurück...
Zum Teil 5 - Küstenregion



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