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Hiwaar

Hiwaar - Dialog 01.02.2011
Nicht ein Gespenst geht um in der arabischen Welt, sondern ein Wort: hiwaar. Keine Sendung im Rundfunk, kein Artikel in der Zeitung, keine Regierungserklärung ohne dieses Wort. Hiwar bedeutet "Dialog" und Dialog war es, was Ben Ali in Tunesien und Mubarak in Ägypten in den letzten Tagen vor der arabischen Revolution noch gesucht haben um sich an der Macht zu halten - und was ihnen die Bevölkerung zurecht verweigert hat. Aber darüber hinaus ist dieses Wort und sein ständiger Gebrauch ein Zeichen des Wechsels. In den arabischen Ländern gibt es einen Dialog in Permanenz: über die Entwicklungen in Tunesien, Ägypten und wie es weitergeht.

Nach Jahrzehnten des Stillstands hat die arabische Welt innerhalb kürzester Zeit faszinierende Veränderungen erlebt. Tunesien, Jemen, Ägypten und Jordanien haben bisher nicht gekannte Proteste gegen die bestehenden Systeme gesehen. Und wie unerwartet sind sie gekommen. Im Dezember hätte niemand auch nur davon träumen können, Ben Ali in Tunesien und Mubarak in Ägypten würden stürzen - und ihr Herrschaftssystem mit ihnen.

Während wir noch über den Konservatismus und den Stillstand klagten, über die mangelnde Ausbildung, Armut, die Kluft zwischen den Superreichen und den Armen und der fehlenden Zivilgesellschaft in den arabischen Ländern bahnten sich schon lange Veränderungen an, die jetzt – endlich - zum plötzlichen Ausbruch gekommen sind.

In Ägypten gibt es Armut auf der einen Seite und extremen Reichtum auf der anderen Seite. Aber dazwischen entstand eine Schicht, die ein Auto hat, die am Wochenende einen Ausflug macht, die ins Restaurant gehen kann und deren Kinder eine gute Ausbildung erhalten. Unabhängige Gewerkschaften waren im Entstehen, es gibt "Alternative" Einrichtungen, zum Teil mehr für Touristen, zum Teil aber genauso eine Gegenkultur wie bei uns. Dies betrifft noch lediglich einen kleinen Teil der ägyptischen Bevölkerung.

Aber in exemplarischer Weise erleben wir damit, wie ein System an seine Grenzen stößt: Geschäftsleute jeder Coleur, die ohne Schmiergeldzahlungen garnichts erreichen können, Künstler und kleine alternative Bewegungen, die immer unter Kuratel stehen und die Repression der Regierung fürchten müssen, junge, gut ausgebildete Menschen, die keinen Job finden können, Auslandsschulden, die jede Entwicklung unter Vorbehalt stellen, Spitzel, Verhaftung und Gewalt gegen alle, die sich gegen das Regime äussern.

In dem Roman "Der Jakubijan-Bau" von Alaa al-Aswani sagt Buthaina, eine der Protagonistinnen: "Dies ist nicht unser Land. Dieses Land gehört den Leuten, die Kohle haben...Wenn Sie zwei Stunden an der Haltestelle warten müssen und in drei Busse nicht reinkommen…Wenn Sie den ganzen Tag von einer Stelle zur anderen gehen um Arbeit zu suchen und keine finden ... - dann wissen Sie, warum wir Ägypten hassen."

Ein System, das strukturell und sogar personell vor mehr als 40 Jahren begründet wurde, ständig unterstützt vom Westen passt nicht mehr in eine veränderte Welt, hat keine Zukunft mehr.

Eine der bedeutendsten Entwicklungen der letzten Wochen war die Zusammenarbeit zwischen der Moslembruderschaft, den anderen Oppositionsparteien und den jungen Bloggern und Internetaktivisten. Dies wird die ägyptische Gesellschaft unumkehrbar verändern. Europa täte gut daran für den Wechsel einzutreten und nicht länger Mubarak zu unterstützen

01.02.2011



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