Kill Zone

Unter dem Titel 'Kill Zone' verbreitete Al Jazeera im Frühsommer 2011 einen Bericht über Vorgänge in der Nähe von Daraa, der erneut die Brutalität des syrischen Regimes zeigen sollte.

Es geht dabei um Vorgänge am Samstag, den 23. April in der Nähe von Izraa, ungefähr 15 km von Daraa entfernt, die Schießerei und das Chaos an der Izra Brücke

Hören wir zuerst die Beschreibung von Carl Perry, einem Journalisten, der damals in Syrien für Al Jazeera arbeitete:

…Leute liefen da - und wurden von einer Geschossgarbe begrüßt. Viele wurden bestimmt direkt vor uns verwundet. Autos wendeten und ich kann ihnen sage, es war eine unglaublich chaotische Szene. Es sieht so aus, als sei heute so ziemlich jeder hier im süden bewaffnet. Es ist unklar, wer auf wen schoss und das trägt zur Verwirrung bei.Es ist auf jeden Fall ein sehr gewalttätiger Vorfall hier im süden...
http://blogs.aljazeera.net/live/middle-east/syria-live-blog-april-23

Alle sind bewaffnet, irgendjemand schießt und man weiß nicht wer und warum.

Nachdem Carl Perry das Land verlassen hatte, schrieb er einen sehr viel elaborierten Text. Er nennt Ross und Reiter und fügt auch sonst noch einiges dazu:

Es dämmerte mir in diesem Moment, dass ich schon einmal hier gewesen war. Wir waren hier gerade am Rande der "Killing zone", die ich Wochen vorher gesehen hatte, als sie gerade eingerichtet wurde. Plötzlich traf Gewehrfeuer die Menge. Es schien mir eine Ewigkeit, die ich im Auto saß und nichts tun konnte. Menschen fielen übereinander, niedergemäht wie Weizen im Feld. Ich sah mindestens zwei Kinder, die getroffen wurden und sofort fielen. Das Gewehrfeuer dauerte an und ich weiß immer noch nicht, woher es kam... Das letzte, was ich bewusst wahrnahm, waren Menschen, die in etwas lagen was ein See von Blut sein musste um Deckung zu nehmen... Ich wusste nicht, was ich sagen konnten, außer: es waren ganz klar Sicherheitskräfte oder Unterstützer von Assad, die gerade ein Minimasaker angerichtet hatten.
http://blogs.aljazeera.net/middle-east/2011/04/24/no-humanity-left-syria-0

Hören wir auf Carl Perry, wurde die Kill-Zone schon Wochen vor dem Ereignis eingerichtet. Die Schergen Assads hätten wohl schon zu der Zeit wissen sollen, dass genau hier Beerdigungsprozessionen(?) stattfinden würden...
Und welche Chuzpe! Im Original-Artikel war die Aussage: "ES gab Verletzte, alle sind Bewaffnet, man weiß nicht, wer auf wen schoss" unmittelbar in Nachbarschaft zu einem Link mit dem elaborierten Text, in dem die Täterschaft ganz einfach den Unterstützern Assads zugewiesen wurde und aus Verletzten unzählige Tote in einem Blutbad wurden. Und es geht noch weiter: Was eine 'kill-zone' ist hat Carl Perry ja nicht in Syrien gelernt, sondern - bei den US-Marines. Im Original:

A kill zone. The name says it all. US marines have a particular knack for naming things that describe exactly what they really are.

Nun berichtet die syrische Nachrichtenagentur SANA zufällig und ohne jeden Bezug auf den Bericht von Al Jazeera über den selben Vorfall. Sie zitiert einen der Bewaffneten, der als Kleingangster und Fälscher antiker Münzen dargestellt wird, der mehr oder weniger zufällig in diese Ereigisse hineingezogen wird. Er berichtet über diesen Vorfall:

"We waited till Saturday and set off toward Sheikh Meskin ... We left Sheikh Meskin area fully armed and headed toward Izraa Bridge where we found tanks and machine guns... Before reaching the bridge, Sbeir and Khaled al-Khurasan opened fire at the bridge from the car. A security member fired back at us and killed two members from Da'el group and two from Ibta'. The group from Nawa stepped back leaving the dead members on the ground."

Dies erscheint mir durchaus glaubhaft. Nicht zuletzt deshalb, weil er an anderer Stelle auch über die Ermordung von Demonstranten durch Sicherheitskräfte berichtet und darüber, dass Sicherheitskräfte auf den Haudächern stationiert waren. Das wird ja von der Regierung häufig abgestritten.

I took my cousin's gun and fired at a soldier. One of the security members fired at the protesters killing four of them. We stormed into the main gate of the center. Sbeir and al-Tair opened fire at the guards while Khaled shot 30 times at a security member on the building roof and killed him."

Nur am Rande bemerkt: die "30 Schüsse", die Khaled benötigt, um den Sicherheitsbeamten auf dem Dach zu töten, spricht nicht dafür, das es sich um wohltrainierte und ausgebildete terroristische Zellen handelt, wie sie von der Regierung immer wieder bezeichnet werden.