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Moskau-Kairo Oppositionelle, 27.03.2016

Der ehemalige Sprecher des syrischen Außenministeriums und jetzige Oppositionelle Dschihad Makdissi erklärte gegenüber der Tageszeitung The Irish Times: "wir müssen ein neues politisches System aufbauen, gemeinsam mit denen, die gegenüber dem syrischen Präsidenten loyal sind".

Makdissi gehört gemeinsam mit Qadri Jamil zur sogenannten Moskau-Kairo Opposition, die schon in der Vergangenheit zu den verhandlungsbereiten Teilen der syrischen politischen Opposition zählte.

Vor Jahren arbeitete Qadri Jamil zusammen mit Ali Haidar in einer Gruppe, die sich Volksfront für Befreiung und Veränderung nannte. Zusammen brachten beide die ersten Versöhnungsinitiativen in Syrien in Gange, auf einer Konferenz oppositioneller Gruppen in Damaskus stellten sie ein Programm vor, das zu einer politischen Lösung führen sollte. Darin wurde u.a. ein Waffenstillstand nicht nur von der Regierung verlangt, sondern auch von den bewaffneten Gegnern der Regierung. Straßenblockaden sollten aufgehoben werden – auch ohne Rücktritt des syrischen Präsidenten.Das waren damals unerhörte Töne.

Die Volksfront beteiligte sich an den Wahlen 2012, ging gerichtlich gegen Wahlfälschungen vor und erzielte ein Ergebnis von 3%. Jamil und Haidar verlangten eine Regierung der Nationalen Einheit, wurden erhört und zu Ministern ernannt.

Während Ali Haidar seitdem eine hervorragende Arbeit als Minister für Versöhnung betreibt und damit an seine frühere Tätigkeit anknüpft, verfolgte Jamil eine eigenwillige Politik. Nicht abgesprochene – private – Verhandlungen mit Vertretern der USA führten vor den Genfer Verhandlungen zu seiner Entlassung als Minister.

Wollte er mit seinen privaten Verhandlungen die eigene Position in einem Übergangsprozess stärken, so ist ihm das gründlich misslungen. Im Moskauer Exil, von den USA ignoriert und bei den zweiten Verhandlungen in Genf an die Seite gedrängt – forderte ausgerechnet die syrische Regierung seine Repräsentation bei den Verhandlungen. Welche Ironie.

Noch interessanter ist die Vorgeschichte von Makdissi, der sich vom Sprecher des syrischen Außenministers ohne große Aufmerksamkeit zu erregen zum Oppositionellen wandelte – ganz diplomatisch eben.

Makdissi war als Sprecher des Außenministers ein glänzender Vertreter der syrischen Diplomatie. Eloquent und mühelos übersetzte er auf Pressekonferenzen die Fragen von Vertretern der US-Presse ins arabische und brachte zugleich ihre Fragen auf den Punkt.

Eloquent und überzeugend – bis zur Pressekonferenz über die syrischen Chemiewaffen, die er gründlich vermasselte. Die Idee war offensichtlich: so wie Israel offiziell nie bestätigte, im Besitz von Atomwaffen zu sein, wollte die syrische Regierung das Thema Chemiewaffen behandeln, ihre Existenz oder Nichtexistenz sollte im Zwielicht bleiben.

Der Versuch war von vornherein zum Scheitern verurteilt. Die Scharade um die israelischen Atomwaffen funktioniert überhaupt nur durch die Mitarbeit der internationalen Medien. Im Falle Syriens konnte das nicht gelingen.

Aber Mikdassi selbst hat es vermasselte: Als er im zweiten Satz seiner Erklärung betonte, falls Syrien über Chemiewaffen verfüge, würden sie niemals gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt, war es zu spät. Hatte er doch im ersten Satz erklärt, Syrien würde seine Chemiewaffen nie gegen die eigene Bevölkerung einsetzen. Was folgte ist Geschichte. Obama sah seine rote Linie überschritten, es drohte ein großer Krieg und nur die russische Diplomatie und die Zerstörung der syrischen Chemiewaffen verhinderten schlimmeres. Für lange Zeit wurden Pressekonferenzen nur noch vom syrischen Informationsminister selbst abgehalten.

Mikdassi verließ auf wiederrum sehr diplomatische Weise das Land. Offiziell war er im Urlaub und obwohl die Medien wie Spiegel und Co. nun die großen Enthüllungen über die Interna des syrischen "Regimes" erwarteten, bewahrte er Stillschweigen. Nun kehrt er als Oppositioneller auf die politische Bühne zurück:
ahlan wa sahlan   Herzlich Willkommen!

Auf jeden Fall sollen die Kräfte der Moskauer Opposition Teil der Verhandlungen in Genf werden, ebenso wie alle syrischen Gruppen, die ihre Ideen für die Erneuerung Syriens präsentieren wollen.

Und für alle gilt, was leider viel zu häufig vergessen wird: Oppositioneller in Syrien zu sein ist keine Garantie, die einzig wahre Wahrheit und die ewig gültige politische Perspektive zu verkünden.

Dies kann sich nur in der Arbeit und im realen Einfluss in Syrien zeigen.

Nicht die angenehmen Konferenzsäle in Moskau, Genf oder Riad, sondern der Kampf gegen den Terrorismus, die Initiativen zur Versöhnung und der Wiederaufbau des neuen Syrien sind die wahren Prüfstein der Politik - für Regierung und Opposition.



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