Schulkampf, 25.09.2020

Für viele Eltern im Gebiet der Selbstverwaltung ist neben Krieg, Mangel und Misswirtschaft der Lehrplan der Schulen ein Grund zur Sorge. Nachdem die syrische Armee sich vor Jahren aus diesen Gebieten zurückgezogen hatte – mittlerweile ist sie teilweise wieder hier stationiert – entbrannte ein Kampf um die Schulen.

Die Schulen wurden weiterhin vom syrischen Staat betrieben, der sie finanziert und die Lehrpläne festlegt. Mit der Zeit begann die kurdische Verwaltung, den Schulen ein eigenes experimentelles Curriculum aufzuerlegen. Zunächst betraf es nur die Kinder von Angestellten der kurdischen Verwaltung, doch wurde es immer weiter ausgedehnt.

Die Zahl der Schulen, die nach den staatlichen Lehrplänen unterrichten, wurde reduziert, viele müssen in Container und andere Noteinrichtungen ausweichen. Zugleich nahm die Zahl der Schüler an diesen Schulen eher zu: Die Betonung des kurdischen Sprachunterrichts im experimentellen Curriculum geht auch zu Lasten der Arabisch-Kenntnisse. Doch an den Universitäten der Region wie Kairo, Bagdad oder Damaskus ist Arabisch selbstverständliche Voraussetzung. Und die Universitäten verlangen anerkanntes Diplom. Das Diplom einer Selbstverwaltung wird an keiner der renommierten Universitäten anerkannt. Übrigens ein Grund dafür, dass eine "Rojava-Universität" neu gegründet wurde.

So stehen die Eltern vor einem Dilemma: Sollen sie ihre Kinder in eine Schule nach staatlichen Lehrplänen schicken, die oft weit entfernt und überfüllt sind. Oder sollen sie sie in eine Schule schicken, deren Anerkennung vage und ungewiss ist.

Beginnend im letzten Jahr wurde der Druck durch die Selbstverwaltung auf staatliche Schulen massiv verstärkt. Mittlerweile wurden fast alle von kurdischer Polizei und SDF – gegen die Proteste von Lehrern und Schülern - geschlossen. So sind die Klassen der restlichen Schulen noch weiter überfüllt – zu allen Zeiten ein Unding, während der Pandemie eine Bedrohung.

Diese Politik macht übrigens beim Lehrplan nicht halt, Schulen werden umbenannt.Die Nizar Qabbani Schule in Hasaka wurde nach Falek Hewas Ehmed benannt. Nizar Qabbani ist ein großer arabischer Dichter aus Damaskus, dessen Bücher in vielen Staaten nicht offen gehandelt werden durften. Für islamische Fundamentalisten war er ein Ungläubiger. Sie verhinderten bei seiner Beerdigung in London, dass sein Sarg zum Gebet in eine Moschee getragen werden konnte. Nun wird sein Andenken auch von der Selbstverwaltung gering geschätzt.

Im neuen Schuljahr besuchen 3 735 521 Schüler in Syrien 13 280 Schulen unter Wahrung der Vorsichtsmaßnahmen wegen Corona. Mehr über syrische Schulen hatte die BBC in einem mehrteiligen Bericht kurz vor Beginn des Krieges dargestellt. Alle Teile lohnen sich anzuschauen.