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Die große Empörung - 31.10.2014

Seit nun mehreren Wochen belagert die Terrormiliz des selbst ernannten "Islamischen Staates" (IS) das von Kurden bewohnte Gebiet Kobani/Ain al-Arab in Syrien. Kobani braucht Solidarität und Unterstützung gegen die Terroristen. Aber nicht nur Kobani kämpft gegen die Terroristen – dieser Kampf wird überall in Syrien geführt.

Mit der UN-Resolution 2170 wurde das Problem des Terrorismus in Irak und Syrien entdeckt. Mit einem Mal forderten alle Seiten den Kampf gegen die "Terror-Milizen". Unisono werden die bestialischen Verbrechen angeklagt, die der "Islamische Staat" im Irak und gegen die Kurden im Norden Syriens begeht. Immer wieder wird in Facebook und anderswo zu Solidaritätskundgebungen für die Kurden in Syrien aufgerufen, ihre Unterstützung und gegebenenfalls Bewaffnung verlangt.

Die Überraschung und Aufregung über die Gräueltaten überschlägt sich allerorten und wüsste man es nicht besser, möchte man fragen: Wo war die Empörung über die Gräuel, wo waren die Aufrufe auf Facebook und die Hilferufe in den Medien, als Kusair im [Sommer 2011] von ausländischen Salafisten überfallen und die Christen verjagt wurden?

Wo war der Ruf nach Solidarität, als das Bergstädtchen Maalula zerstört wurde und die Islamisten seine Bevölkerung in Geiselhaft nahmen? Das Magazin für Kirche und Kultur "Katholisches.info" schrieb darüber:

"… Den Überfall auf Maalula, den einzigen Ort der Welt, in dem noch Aramäisch, die Sprache Jesu gesprochen wird, führte jene FSA durch, die im Westen gerne als Teil einer „Demokratiebewegung" und als „harmlos" dargestellt wird. Tatsächlich agieren in ihrem Namen auch islamistische Kampfgruppen, die Syrien von Christen und Alawiten „reinigen" wollen."

Maalula vor der ZerstörungWüsste man es nicht besser, könnte man noch an vielen anderen Beispielen fragen: Wo blieb die Solidarität damals?

Wir wissen es besser: Für viele ist das Verbrechen der Dschihadisten vom IS, dass sie Grenzen überschritten haben. Nicht Kobani und Bagdad sollen sie zerstören, sondern Damaskus. Die USA, die jetzt gemeinsam mit den syrischen Kurden gegen IS kämpfen, wollen damit nur einen Konkurrenten loswerden, der die eigenen Machtansprüche und Kontrolle in der Region bedroht.

Und für die TAZ ist es nur konsequent zu fragen: "Wie lässt sich der IS bekämpfen, ohne Assad zu stärken?"

Vergessen wir nicht: Hunderte von Millionen Dollar waren für den Krieg gegen Assad ausgegeben worden, nicht zur Verfolgung der Kurden oder zur Destabilisierung des Irak.

"Sie (die Türkei, Saudi-Arabien, Emirate) überschütten alle, die gegen Assad kämpften mit Hunderten Millionen Dollar und Tausenden Tonnen Waffen; bloß waren diejenigen, die unterstützt wurden, (Terroristen, M.Z.) von al-Nusra und al-Qaida und extremistische Dschihadisten, die aus anderen Teilen der Welt kamen."

So beschrieb es der US-Vizepräsident Joe Biden. Bewusst ließ er die Rolle der USA im Dunkeln. Und mittlerweile musste er sich für diese Worte entschuldigen.

Zerrbild

Es ist keine fortschrittliche Bewegung, die gegen die syrische Regierung kämpft. Es sind Dschihadisten Syriens und aller Herren Länder - und nicht erst, seit eine UN-Resolution das Problem des Terrorismus in Syrien und Irak entdeckte. Man musste die Augen schon fest vor der Realität verschließen, wenn man nicht sehen wollte, dass spätestens seit dem Sommer 2011 Syrien das Ziel dieser Dschihadisten ist. Sie erklärten Assad den "Heiligen Krieg " und waren die neue Front von al-Qaida - wie der Spiegel schrieb. Und solange sie mit dem Ziel antraten, Assad zu stürzen, galten ihre Verbrechen als lässliche Sünden – wenn man nicht sowieso die syrische Regierung verantwortlich machte.

Es ist eine merkwürdige Art der Wahrnehmung, die die Verantwortung für jeden einzelnen Toten in diesem Krieg dem syrischen Präsidenten anlastet. Obwohl unsere Medien über den Heiligen Krieg und Al-Qaida schrieben, ist dennoch allein Assad schuld: Assad tötete 124.752 Zivilisten, IS dagegen nur 831 weiß der Spiegel. Und diese Zahlen sind doppelt absurd: einmal in der bizarren Genauigkeit; und dann mit der Behauptung, alle Toten in einem (vorgeblichen) Bürgerkrieg gingen auf das Konto allein einer Seite in diesem Krieg. (Der Spiegel lässt sich – wie immer - eine Hintertür offen: Es sind ja nicht "seine eigenen" Zahlen, sondern die eines Syrischen Netzwerks für Menschenrechte, die er verbreitet)

Ein Bürgerkrieg(?), in dem nach wie vor die syrische Armee nach Ansicht des Westens nur Zivilisten tötet, während Widerstand gegen Terroristen allenfalls von Gegnern des syrischen Staates geleistet wird? Nach drei Jahren Krieg Syriens gegen Islamisten und zehntausenden toten syrischen Soldaten wird uns immer noch ein absurdes Zerrbild geliefert:

Nur Oppositionelle und Kurden (Oliver Welke in seiner "Heute Show": "… Zum Glück gibt es noch Leute, die dem IS echten Widerstand leisten, und zwar die Kurden. ") kämpfen gegen IS. Die syrische Armee dagegen kämpft offenbar nur gegen Zivilisten oder eine gemäßigte bewaffnete Opposition.

Solidarität mit Kobani, Solidarität mit Syrien

"Die Wahrheit ist: Es gibt keine 'Bewaffnete gemäßigte Opposition'… Gemäßigte greifen nicht zu den Waffen – und die, die es tun, sind nicht gemäßigt… Und vergessen wir nicht die Moslembrüderschaft, die den Konflikt mit angeheizt hat – verborgen unter dem Mantel der 'gemäßigten' Syrischen Nationalen Koalition und unterstützt vom Westen, arabischen Staaten und der Türkei…In mancher Hinsicht ist die gegenwärtige Auseinandersetzung zwischen den verschiedenen Golfstaaten und den unterschiedlichen Spielarten der gewalttätigen Dschihadisten ein Streit in der Familie. Ein Streit um Macht und Legitimität unter den Wahhabiten, Salafisten und anderen Interpretationen des Islam..."

...schreibt Dr. Ahmed Khalidi(u.a. ein Mitglied im St Antony's College, Oxford und ein Berater der palästinensischen Führung in ihren Verhandlungen mit Israel) in der New York Times.

Im Kampf gegen die Wahhabiten, Salafisten und ihre Auftraggeber braucht Syrien unsere Solidarität - von Kobani bis Damaskus. Und selbstverständlich schließt das die Unterstützung der syrischen Regierung mit ein – ebenso wie die Unterstützung der politischen Opposition, soweit sie ihre Träume von der FSA aufgegeben hat.

Kobani und Rojava lassen sich nicht wirklich gemeinsam mit den Feinden der syrischen Regierung verteidigen, weder mit den Dschihadisten, die sich noch nicht IS angeschlossen haben, noch mit Gruppen, die sich FSA nennen und ihrerseits erst noch mächtig werden wollen. Wenn die syrische Regierung fällt, wenn die Dschihadisten im Krieg gegen Syrien triumphieren, dann ist es auch das Ende jeder Bestrebung nach einer demokratischen Erneuerung in der Region, ob in Kobani, Damaskus oder Bagdad. Stattdessen Zerfall des Staates, Kampf aller gegen alle, libysche Zustände, religiöser Fundamentalismus, Krieg zwischen Schiiten und Sunniten. Sucht es euch aus.



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