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Alles Lüge, 14.02.2017

Buchstäblich vom ersten Tag des Konflikts an zeigten Berichte von Menschenrechtsorganisationen und Medien ein furchtbares Bild von Gräueln und Massakern durch die syrische Regierung. Diesmal, kurz vor Wiederaufnahme der Verhandlungen in Genf, reiht sich Amnesty International ein mit dem Bericht über das "Gefängnis Saydnaya – das Menschen-Schlachthaus".

Aber wie real ist das Bild?

Halten Menschenrechtsorganisationen die Leser ihrer Reports nicht zum Narren, wenn sie wie Human Rights Watch in einem Report beweisen, dass die syrische Luftwaffe nicht in der Lage ist, gezielte Angriffe auf militärische Ziele durchzuführen ("Der Einschlag ist vielleicht 300 bis 400 Meter vom Ziel entfernt") und im gleichen Report schreiben, die syrische Luftwaffe würde absichtliche und gezielte - und präzise! -Angriffe auf Bäckereien durchführen.

Amnesty beruft sich auf die Fotos von "Caeser", einem syrischen Überläufer, um ihre Beschreibung des "Schlachthauses" zu unterstützen. Diese Fotos wurden schon von Arte in einem Film über die Gräuel in syrischen Gefängnissen gezeigt. Im Arte-Film heißt es u.a.: "Später werden die Leichen zu Massengräbern gefahren ... an unterschiedlichen Orten ... damit man sie nicht wiederfindet...Damit sie nicht identifiziert werden können..." Und im Klappentext zum selben Film heißt es: "Die Peiniger foltern ihre Opfer und fotografieren anschließend die Leichen, die zur leichteren Identifikation mit Nummern versehen werden...". Was für ein Unsinn

Unsinn – aber mit Methode. Die emotional aufwühlenden Beschreibungen sollen den Leser gerade daran hindern, die Filme und Berichte kritisch zu sehen und mit Bedacht zu lesen.

Und Amnesty International weiß genau, was es tut. Es zitiert einen ehemaligen Häftling mit den Worten: "Du kannst vor diesen Gerichtshof kommen, selbst wenn es keinerlei Beweise gegen dich gibt." Und also präsentiert Amnesty – nicht einen einzigen Beweis.

Feld-Gerichtshof

Es gibt laut Amnesty zwei "Militärische Feld-Gerichtshöfe", die die Gefangenen aburteilen. "Der Feld Gerichtshof ist für die Gefangenen der gefährlichste, selbst wenn es keine Beweise gibt..." erklärt ein ehemaliger Mitarbeiter des Gefängnisses. Und AI zitiert einen Gefangenen mit den Worten: "Ich ging mit 45 anderen Gefangenen hinein und sie hatten alle Fälle innerhalb einer Stunde abgeschlossen."

45 Fälle in einer Stunde – die Zahl ist gut gewählt. Denn das ist auch die Zahl, die man bei den Massenhinrichtungen im Amnesty-Bericht erwartet. Und so bildet sich beim Leser der Eindruck: Gefangene werden vor diesen gefährlichen Gerichtshof geführt, verurteilt und später erhängt.

Aber der Eindruck täuscht. "Frühere Insassen, die vor den Feld Gerichtshof geführt wurden, beschwerten sich, dass es kein faires Verfahren gewesen sei. (‘Ziyad‘,50 an IT specialist from Baba Amr, Homs, said, "Of course [the trial] wasn’t fair, not at all.") Sie wurden offenbar aus der Haft entlassen.

Womöglich waren alle oder viele der ehemaligen Insassen, die Amnesty zitiert, vor dem Feld Gerichtshof erschienen. Was war das Urteil? Wie wurden sie alle entlassen? Wieviele Todesurteile hat der Feldgerichtshof überhaupt ausgesprochen? Amnesty hat nicht nur keine Beweise, es formuliert noch nicht einmal die wichtigsten Fragen.

Moslembrüder

In der Zeit des faktischen verbreitete das syrische Menschenrechtskomitee, das den Moslembrüdern nahe ist und der syrischen Regierung feindlich gegenübersteht, seinen Jahresbericht zur Situation der Menschenrechte (SHRC Ninth Annual Report on Human Rights in Syria 2010). Darin heißt es übr die Situation im Militärgefängnis Sednaya (Saydnaya): "Die Verwandten von einigen Insassen haben über das schwere Leid berichtet, das sie erlebten, als sie ihre verhafteten Kinder besuchten. Sie waren grausamen Durchsuchungen, Beleidigungen und Provokationen ausgesetzt. Viele der Insassen beschwerten sich darüber beim Direktor. Es heißt, dass der Gefängnisdirektor versprach, die Situation zu verbessern." Heute sind wir in der Zeit des postfaktischen.

Aufstand

Tausende Gefangene sterben in Saydnaya. Das Gefängnis ist geradezu darauf aus, möglichst viele Gefangene zu töten. Krankheiten, die nicht behandelt werden, Essen und Wasser, das vorenthalten wird, Massenerhängungen – das Ziel ist, alle zivile Opposition zu töten, nein: auszurotten, wie es Amnesty nennt. Nur ein kleines Detail stört.

Im gesamten Bericht wird immer wieder dargestellt, wie akribisch die Gefängnisverwaltung darauf achtet, dass die Erhängungen nicht im Gefängnis bekannt werden. Auf keinen Fall dürfen die Gefangenen erfahren, was geschieht. Stattdessen heißt es, die Gefangenen würden entlassen oder verlegt werden.

Warum? Ein ehemaliger Wächter erklärt: "Die Gefängnisverwaltung hatte Angst, es käme zu einem Aufstand der Gefangenen". Tatsächlich führt diese Aussage das ganze Bild, das Amnesty über so viele Seiten aufbaut ad absurdum. Ein Aufstand der Gefangenen, eingesperrt in ihren Zellen, ohne Wasser und Nahrung, geschwächt von Krankheit und Folter würde die Wärter doch gerade ihrem Ziel näher bringen: Ausrottung.

Alles Lüge?

Man müsste naiv sein, wollte man bestreiten, dass in Syrien Menschenrechtsverletzungen geschehen. Der Bericht von Amnesty aber ist Propaganda. Und die Anhäufung virtueller Gräuel verhindert gerade die Untersuchung realer Verbrechen. Nichts könnte dem Schutz der Menschenrechte mehr schaden.



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